
Alea iacta est – die Würfel sind gefallen
Ihr Lieben, es hat sich entschieden. Bereits morgen werde ich meinen Klinikaufenthalt starten. Ich bekam letzte Woche sehr überraschend den Anruf, dass ein Platz frei geworden wäre und ob ich diesen annehmen möchte. Nach kurzer Bedenkzeit und der Klärung einiger organisatorischer Dinge, vor allem, was meine Jungs betrifft, sagte ich zu. Dass es bald losgeht, fällt mir dennoch schwer zu realisieren. Und um ehrlich zu sein, ich habe Angst. Angst davor all das aufzuarbeiten, was sich in so vielen Jahren angesammelt hat. Angst davor, was all das mit mir machen wird. Angst auch wegen der Jungs. Natürlich wird der Papa das mit Bravour wuppen, mein Kopf weiß das. Aber mein Herz ist zu sehr Mumsel. Die Angst und Unsicherheit bleiben. Ich habe auch Angst davor wie sehr ich mich verändern werde. Oder ob ich es überhaupt tue? Ob ich all dem Schmerz erlaube wieder an die Oberfläche zu kommen. Ja, ich habe wirklich Angst. Um die sechs Wochen werden es auf jeden Fall werden, je nach Bedarf auch länger. Eine unvorstellbar lange Zeit. Zumindest fühlt es sich so an. All das, was es zu organisieren gibt für zu Hause, habe ich erledigt. Der Kühlschrank hängt voller Zettel mit Erklärungen und Zeitplänen. Die Vorräte sind aufgefüllt. Ich bin froh um die vielen wertvollen Menschen, Freunde, die uns zur Seite stehen und auch für die Kids da sein werden. Ich habe so viele Päckchen und liebe Karten in den letzten Tagen erhalten. Wünsche, virtuelle Umarmungen und viiieel Schokolade. Dass so viele Herzensmenschen an uns, an mich denken, ist unbeschreiblich. Unbeschreiblich wertvoll. Meine Koffer sind noch nicht gepackt. Ich konnte mich bisher nicht dazu überwinden. Und diese Zeilen hier zu schreiben macht es noch einmal realer für mich. Wahrscheinlich habe ich es deshalb bis zum letzten Tag hinausgezögert. Aber ihr, die ihr mich seit vielen Jahren begleitet, sollt wissen, wie es weitergeht. Natürlich wird es auch hier ruhiger werden. Aber ich glaube, dass ich ab und an mal ein Lebenszeichen von mir geben werde.
Irgendwie ist alles zuviel und gleichzeitig viel zu wenig. Ich bin müde. Ich bin erschöpft. Stand der Dinge sind mächtige Augenringe. Ich möchte wieder lachen und viel mehr fühlen. Möchte Freude an den Tagen haben und mich viel weniger ins Bett verkriechen. Gedanken loswerden wie „Wäre es so schlimm, wenn ich heute nicht aufgewacht wäre?“. Mich freuen, wenn ich anderen Menschen begegne anstatt mich zu Hause einzuigeln. Ich möchte wieder begeistern und begeistert sein. Ich möchte wieder ich sein. Oder vielmehr zu dem ich werden, das ich vielleicht sein kann. Wieder voller Energie sein und Kraft. Fröhlich sein und Glück spüren. Es gibt viel zu tun.
Abschließen möchte ich diese Zeilen mit einem Zitat aus der Biographie Robert Enkes, das ich am Wochenende an einem Tag durchgelesen habe und in dessen Erfahrungen ich mich in so vielen Textstellen wiedergefunden habe. Wer Depression verstehen möchte oder selbst darunter leidet, wird dieses Buch tief berühren.
„Glück ist, zu erkennen, wie viel Druck kann ich ertragen. Glück heißt, dich von den Menschen zu lösen, die dich für etwas verehren, was du nicht bist. Nicht zu versuchen diesen Menschen zu gefallen. Nicht dauernd damit beschäftigt zu sein, souverän zu wirken.“
Denkt ab und an mich. Eure Nisla <3
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