
„Ich habe keine Lust mehr“, schreie ich quer durch das Haus. Zwischen all den Wäschebergen und Hausaufgaben- und Homeschoolingtürmen, meinem offenen Laptop mit so vielen Dingen, die es noch abzuarbeiten gilt, verschmähten Essensresten und dem Geschirr auf dem Tisch. Finito. Ich bin fertig. Ende Gelände.
Heute habe ich einfach keine Kraft mehr. Ach, was sage ich. Nicht nur heute, schon seit Wochen komme ich immer wieder an den Punkt, an dem einfach nichts mehr geht. Mir laufen die Tränen übers Gesicht und die Jungs sind schockiert von meinem Gefühlsausbruch. Jeder einzelne Zentimeter meines Ichs ist müde. Ich bin müde. Müde zu jonglieren, müde zu kämpfen, zu müde, Streitereien zu schlichten, zu müde, um irgendetwas zu tun. Das ist der Teil der Geschichte, den dir niemand erzählt. Muttersein kann alles aus dir hervorbringen, aber es kann dich von Zeit zu Zeit auch brechen. Und in der aktuellen Situation mal so richtig. Also frage ich mich, warum verstecken? Warum nicht darüber reden, warum dieses „Ach, es geht schon“, vor allem unseren Freunden gegenüber? Genau dann, wenn es eigentlich eben nicht mehr geht. Ich mag mich nicht verstecken, ich will darüber reden. Ich will nicht hören, wie tipitopi alles doch sei, sondern, dass es euch genau so geht. Dass wir alle Mütter sind, die von zu Zeit zu Zeit die Nerven verlieren und dass diese Belastung, wie wir sie gerade tragen müssen, einfach viel zuviel ist. Punkt. Es ist hart. Und es ist okay, das auszusprechen. Das macht uns nicht zu schlechten Müttern oder zu solchen, die vielleicht doch keine Kinder hätten bekommen sollen. Es macht uns zu echten Müttern. Nicht zu Sunshine-tipitopi-Müttern. Und das ist gut so. Weil wir echt sind. Weil es verdammt nochmal beschissen sein kann. Gerade besonders, aber auch ohne diese Krise, es ist nicht immer alles toll. Es wird diese Tage und auch Wochen immer wieder geben. An denen einfach nichts mehr geht, an denen du ständig an dir zweifelst und an denen du dich einfach vollkommen überlastet und hilflos fühlst. Aber weißt du was, du stemmst so vieles, so vieles mehr als du denkst. Ich bin müde. Müde davon, dass nicht auf mich gehört wird, müde vom Putzen, Lehrerspielen, Arbeiten. Und müde davon, das zu verstecken.
Wenn die Tränen laufen, dann möchte ich, dass du weißt, dass ich dich fühle und dass ich hinter dir stehe, Standing Ovations inklusive. Ich will, dass du weißt, dass du nicht allein bist. Sondern, dass wir stattdessen sehr viele sind. Dass wir uns gegenseitig zu applaudieren und ach kommt schon, auch mal zuprosten. Ich kann diese Krise nicht aufhalten, ich kann sie auch nicht ungeschehen machen. Wie gerne würde ich auch wieder meinen Alltag zurückhaben. Aber ich kann eines tun: Ich kann aufstehen und sagen, du bist nicht allein. Ich kann aufstehen und rufen, wir sind viele. Ich kann aufstehen und schreiben, wir kommen alle an den Punkt, an dem nichts mehr geht. Lasst uns zusammenhalten. Nicht ver- oder beurteilen. Lasst uns gegenseitig unterstützen, den Rücken stärken und uns das Gefühl geben, du bist nicht allein. Denn wir sind es nicht. Wir sind viele.
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P.S.: Ein toller Artikel zu diesem Thema ist auch bei Andrea von Runzelfüßchen zu finden.
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Sabine (Montag, 15 Juni 2020 18:47)
Danke Nisla. Einfach nur DANKE. ❤️
Ulla Gehrke (Montag, 15 Juni 2020 18:55)
Liebe Nisla. Es ist, als ob du diese Zeilen für mich geschrieben hättest. Danke an dich. Du hast so recht, wie sind viele!
Jutta N. (Dienstag, 16 Juni 2020 08:42)
Liebe Denise. Du sprichst mir so aus dem Herzen. Ich gehe aktuell auch sehr am Zahnfleisch, bin oft überfordert und so müde. Es tut einfach gut zu lesen, was du schreibst. Liebe Grüße Jutta
Anonym (Dienstag, 16 Juni 2020 20:22)
Danke, dass es jemand mal so offen schreibt! Ich denke oft, stell dich nicht so an, wir haben keine Existenzsorgen und andere schaffen es doch auch, "das beste draus zu machen" und die Zeit womöglich noch zu genießen, dann fühle ich mich noch schlechter. Aber je nach eigener Situation geht das eben auch nicht....ich bin auch heilfroh, wenn die Krippe wieder losgeht.
Patricia (Sonntag, 12 Juli 2020 16:12)
Du kannst so gut ausdrücken wofür mir oft die Worte fehlen!�
Anja (Donnerstag, 24 September 2020 21:58)
Wundervoller ehrlicher Beitrag! Geht uns allen manchmal so und tut gut zu lesen, dass es bei niemandem anders ist ;)