
Mein lieber Zwerg,
als dein großer Bruder dich heute Morgen an der Hand nahm und dir erklärte, wie so ein Schultag abläuft, was dich erwartet, wo du welchen Raum findest und dass er dich in der Pause abholen würde, da hattest du keine Ahnung, wie ich mich fühlte. Du warst so aufgeregt, bist heute sehr früh aufgestanden, was so gar nicht deine Art ist.
Mir werden diese ruhigeren Abläufe am Morgen fehlen, an denen dein Bruder mit dem Fahrrad zur Schule gefahren ist und wir, wenn ich nicht arbeiten musste, noch ganz gemütlich frühstückten, bevor ich dich in den Kindergarten brachte. Du bist der Kleinere und daher weiß ich schon lange, wie schnell die Zeit vergeht. Mit jedem Augenzwinkern werde ich älter und dein Bruder und du selbstständiger.
Ich bin froh, dass ich deine drei ersten Lebensjahre bei dir daheim bleiben konnte und wir zum Spazierengehen
Reime aufsagten, über Pfützen sprangen und Bücher lasen. Ich habe diese Jahre mit dir und vorher mit deinem Bruder sehr genossen.
Und jetzt sitze ich hier nach einem langen Arbeitstag und du hast schon deinen zweiten Schultag hinter dich gebracht. Ich freue mich, dass du so stolz bist. Stolz auf dich und das, was du dich
traust. Ich freue mich, dass du guten Mutes diesen neuen Abschnitt beginnst. Auch wenn du gestern auf deine Frage hin, wie lange du jetzt in die Schule gehen musst und ich mit „naja, so zehn
Jahre“ geantwortet habe, mich mit weit aufgerissenen Augen angesehen hast und meintest „zeeeeehhn Jahre???“. Ich muss schmunzeln, wenn ich daran denke.
Und dann habe ich dich heute Morgen in die Schule gebracht, du bist zusammen mit deinem Bruder aus dem Auto gestiegen und den Rest des Schulweges gelaufen. Du hast dich noch einmal umgedreht und mir gewunken. Du warst bereit loszulassen, obwohl ich es noch nicht war. Und doch spürte ich, dass du deinen Weg gehen wirst und alles gut wird.
Eines Tages wirst du es sein, der sein Schulkind zum ersten Mal an der Schule abliefert. Und während du noch nicht ganz so bereit bist loszulassen, wird er oder sie es sein. Und während du bei
dem Gedanken daran lächelst, denke an deine Mama und dann weißt du, dass alles gut werden wird.
In unendlicher Liebe, Mama
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