
So sieht Depression aus.
Ich kann lachen mit leuchtenden Augen. Ich kann auf Events sprechen und selbstsicher auftreten. Ich kann über Witze kichern und diese noch viel besser erzählen. Ich bin sozial, offen und gehe gerne auf Menschen zu. Ich schließe leicht neue Freundschaften. Ich kann reden. Schreiben. Mit Worten jonglieren. Man hält mich für mutig. Selbstbewusst.
Ich kann all das und mir gelingt es sogar, dass es aussieht, als ob dies ganz leicht für mich wäre.
Aber ehrlich, wenn man unter die Oberfläche blickt, dann bin ich nicht mehr als ein kleines schüchternes Entlein, das oft lieber den Kopf unter Wasser stecken würde als ihn über Wasser zu halten.
Für alle an der Wasseroberfläche scheine ich so zu sein, als ob mir alles spielerisch leicht von der Hand gehen würde. Strukturiert. Besonnen. Ergebnisorientiert. Mein kleines Leben eben im Griff.
Aber die Wahrheit ist, dass ich unter der Wasseroberfläche gegen den Strom schwimme, wie verrückt paddle, manchmal das Gefühl habe zu ertrinken.
Außer Sichtweise frage ich mich, ob ich vielleicht zu laut gelacht habe. Ob sie nicht über meinen Witz, sondern stattdessen über mich gelacht haben. Ob sie nachdem sie mich kennenlernten heimlich die Augen verdreht haben. Ich mache mir über alles Gedanken. Mein kleines Herz hängt sich an alles dran. Und ich frage mich generell, wenn etwas nicht läuft, was ich hätte besser machen können. Ich fühle mich stets schuldig.
An der Oberfläche habe ich alles im Griff. Aber unter der Oberfläche bin ich völlig durcheinander.
So sieht Depression aus. Wenn ich jemanden beeindrucken wollen würde, könnte ich das. Ich könnte von meinem beruflichen Erfolg erzählen, vom Erfolg meines Blogs. Von dem, was ich alles erreicht habe bisher in meinem Leben. Aber wenn ich ehrlich bin und verletzlich, dann frage ich mich beinahe täglich, was alle um mich herum über mich denken. Dann habe ich beinahe täglich Angst etwas falsch zu machen.
So sieht Depression aus.
Zu Hause lachen meine Kinder, es ist ordentlich und ich gebe mir redlich Mühe alle glücklich zu machen.
Aber mein Herz ist voller Zweifel.
Ich lächle, ich lache und ich schreibe. Oft sogar über lustige Sachen. Ich probiere Rezepte aus und berichte
davon. Ich bastle Karten und Adventskränze und packe Geschenke liebevoll ein. Ich backe Kuchen, bin im Elternbeirat und Förderverein.
Meine Kinder sind wundervolle kleine Wesen.
Aber nur ein Stück weit unterhalb dieser Wasseroberfläche ist jemand, der einfach versucht weiter zuschwimmen. Der gebrochen ist und dessen Herz voller Schmerz ist.
Glaubt mir, wenn ich euch sage, dass ihr niemals, wirklich niemals, wisst, welche Kämpfe jemand gerade durchstehen muss. Ihr würdet niemals glauben, wer von diesen erfolgreichen, wunderschönen, reichen und glücklichen Menschen, ja auch Freunden gerade innerlich gegen die Dunkelheit ankämpfen. Depression versteckt sich gekonnt unter dieser Oberfläche und ihr Opfer kann jeder sein.
Also seid freundlich zueinander. Seid menschlich, verständnisvoll und voller Liebe. Ihr wisst nie, wer gerade mit aller Kraft versucht dagegen anzuschwimmen.
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Andi (Mittwoch, 16 Dezember 2020 19:08)
Diese Zeilen hätten auch von mir stammen können.
Von ❤️ danke für diesen Beitrag.
Ich umarme dich �
Uschi (Samstag, 19 Dezember 2020 22:23)
Das geht bis zum endgültigen Zusammenbruch gut. Bis dahin habe ich immer Angst gehabt, dass mich jemand merkt, dass ich das, was ich tue, nicht wirklich kann. Trotz Therapie und vielen Klinikaufenthalten, das Leuchten der Augen ist nur noch selten zu sehen! Pass gut auf dich auf!!!